Geschichte

Aquarell Karola Schierle

Titelbild © Helmut Anger

Die Zeit des Burgenbaus

Der Bau* der Burg Maienfels geht zurück auf einen Zweig der Herren von Neudeck. Diese waren wohlhabende Ministerialen (Vasallen) des Hauses von Hohenlohe, das eng mit den Staufern verbunden war.

Etwa 12 km von der Stammburg Neudeck entfernt, die heute vollkommen verschwunden ist, wurde auf einem Felsvorsprung über dem Brettachtal Mitte des 13. Jahrhunderts eine neue Höhenburg errichtet – die Burg Maienfels.

Die Adelsgeschlechter führten den Namen der Stammburg als Namensbestandteil. Daher nannte sich dieser Zweig der Herren von Neudeck um in ,von Maienfels‘ (auch von Meigenfels oder Meyenfels).

Über das Aussehen der Burg aus dieser Zeit gibt es keine Angaben.

Mit dem Ende der Stauferzeit zerbrach auch die zentrale Reichsgewalt. Stattdessen bildeten sich viele kleine Herrschaftsbereiche und Interessensgruppen heraus.
Die Folgen bekamen als ehemalige Reichsministerialen auch die Herren von Neudeck bzw. Maienfels zu spüren und gerieten in finanzielle Schwierigkeiten.
Ein Engelhard von Neudeck, genannt von Maienfels wurde 1302 erwähnt. Er stand in den Diensten der Herren von Weinsberg, die nach dem Niedergang der Staufer das Recht an der Burg Maienfels besaßen.
Das Rittergeschlecht derer von Maienfels wurde 1385 letzmalig erwähnt und starb Ende des 14. Jahrhunderts aus.

*Die Zeit des Burgenbaus:
Ursprünglich war nur dem König das Recht zum Bau einer Burg vorbehalten. Zur Zeit des Hochmittelalters ging das Recht zum Burgenbau dann auch an die Landesfürsten über, später an Grafen und Bischöfe und letztlich auf die übrigen Adelsstände und das Rittertum.
Burgen erfüllten verschiedene Funktionen. Sie waren befestigter Wohn- und Verwaltungssitz, Mittelpunkt des ritterlichen Lebens sowie herrschaftliches Symbol der Fürsten und Ritter, die als selbständige Herren über ihrer Besitztümer galten.

Brief des Grafen Albrecht von Löwenstein und seiner Frau Uta von Werdenberg,
vom 4. Juni 1376 (Archiv Burg Maienfels)

historisches Dokument von 1376
Fotos © Ines Liebsch

Ritter und Ganerben

Danach wechselten in kurzer Zeit mehrfach die Besitzer der Burg. So ging sie von Engelhard von Weinsberg über an den Grafen Albrecht von Löwenstein, von ihm an Fürderer von Waldeck und etwa um 1390 an Wolf von Wunnenstein.

Der Wunnensteiner war auch als Gleißender Wolf wohlbekannt und wegen seiner Raubzüge berühmt berüchtigt.
Von Maienfels aus verübte er Überfälle auf die Handelszüge der freien Reichsstädte, die das Gebiet durchquerten und war in allerlei Fehden verwickelt.

Nach seinem Tod (1413) begann für die Burg Maienfels die Zeit der Ganerbenherrschaft*.

Auch die Inhaber der Lehensanteile wechselten häufig.
Im Burgfriedensvertrag von 1426 werden die Ganerbenfamilien von Weiler, von Urbach, von Venningen und von Sickingen erwähnt. Der Herrschaftsbereich umfasste das Gebiet der Burg, außerdem die Siedlungen Maienfels, Oberheimbach, Teile von Unterheimbach, Brettach und Neuhütten, sowie die zugehörigen Weiler und Höfe.

* Ganerbiat

Ein Lehen befand sich im Besitz mehrerer adliger Familien.

Zerstörung und Neuaufbau

Im Zuge politischer und wirtschaftlicher Veränderungen kam es vermehrt zu Konflikten und  Machtverschiebungen zwischen den stärker werdenden Städten und der Reichsritterschaft.
Die freien Reichsstädte sahen sich in ihrer Reichsunmittelbarkeit (nur dem Kaiser unterstehend) bedroht und hatten sich zu einem Bündnis gegen die Landesherren zusammengetan.

Maienfels gehörte bis zum Ende des Alten Reiches 1803 zur freien Reichsritterschaft des fränkischen Ritterkanton Odenwald.
Vor diesem Hintergrund markiert eine Fehde mit der Stadt Schwäbisch Hall im Jahr 1441 einen Wendepunkt in der Geschichte der Burg Maienfels und ihrer Bewohner.

Unter Führung der Reichsstadt Schwäbisch Hall zog ein Heer Landsknechte der verbündeten Reichsstädte auch gegen die Burg Maienfels auf. Die Burg wurde belagert, durch Kanonenbeschuss schwer beschädigt und geschleift – wie ca. 30 weitere Burgen im Umland auch zerstört wurden.

Fundstücke aus der Zeit der Zerstörung:
steinerne Kanonenkugel Ø 10 cm

2 Bolzenspitzen einer Armbrust,  2 Pfeilspitzen Langbogen, stark korrodierter eiserner Stiefelsporn und Lanzenspitze

Fotos (4) © Ines Liebsch

Der Wiederaufbau erfolgte unter Berücksichtigung der militärtechnischen Entwicklung.
Das Aufkommen von Feuerwaffen führte zur Anlage von Schießscharten. Außerdem wurde die Kernburg auf dem Felsen nun durch eine Vorburg mit Flankiertürmen erweitert.
Zwischen Vor- und Hauptburg verläuft der Halsgraben.

Trotz des verhängten Wiederaufbauverbotes hatten die damaligen Ganerben Lutz Schott, Dieter von Weiler, Dieter von Urbach und Götz von Adelsheim einen Weg gefunden, das Verbot zu umgehen.

Die Erweiterung der Burganlage

Hauptburg

  1. von Gemming’scher Palas

  2. Verbindungsbau mit Burgtor

  3. Amtshaus

  4. Flankierungsturm

  5. Ringmauer mit Wehrgang

  6. ehemaliger von Weiler’scher Palas

  7. Zwinger

  8. Kirche

  9. Bogenbrücke

  10. befahrbarer Halsgraben

Vorburg

  1. Flankierungsturm mit Kasematte

  2. Flankierungsturm mit Rest des Torbaus

  3. Flankierungsturm

  4. Waldschützenhaus

  5. Scheune und Remise

  6. Burggarten

Die Haupt- bzw. Kernburg hat eine Fläche von 1750 m² und wird daher einer Anlage mittlerer Größe zugeordnet.
Die Vorburg mit 2300 m² wurde Mitte des 15. Jahrhunderts errichtet und bot Platz für die notwendigen Nebengebäude in der Zeit der 6 Ganerbenfamilien.

(aus Europäische Burgen und Schlösser, Reihe D, Heft 5 – Maienfels, herausgegeben vom Europäischen Burgeninstitut)

Viele Bewohner - wenig Platz

Es waren zeitweise 6 Familien, die sich die Ganerbenherrschaft der Burg teilten. Sie alle hatten ihre Haupt- und Nebengebäude auf dem Gelände der Burg.

Erscheint uns der Innenhof weitläufig und großzügig, so herrschte zu jener Zeit Platzmangel und Enge, bedingt durch die vielen Gebäude. Davon ist nur der Gemming’sche Palas und die Ruine des Weilerschen Palas erhalten.

 

Alle anderen Gebäude sind im Lauf der Jahrhunderte verschwunden bzw. die Reste liegen unter dem  jetzigen Gelände verborgen.

Die enge Bebauung resultierte daraus, dass aus wehrtechnischen Gründen (Mannschaftsstärke) die Mauer möglichst kurz gehalten werden musste. Der Wehrgang musste trotzdem im Verteidigungsfall ausreichend zu bemannen sein.

Innenhof der Burg

Ruine Weilerscher Palas – heute privater Gartenbereich

Foto © Helmut Anger

historische Darstellung Gemmingen’scher Palas (Künstler unbekannt)

30. April 1558, Dokument mit Siegel des Kaisers Ferdinand I (Archiv Burg Maienfels)

Foto © Ines Liebsch

Kurpfalz und Württemberg

1492 heiratete Magdalene von Adelsheim, Erbin eines Drittels der Burg Maienfels, Eberhard von Gemmingen.

Als 1504 die Lehenshoheit wieder an Württemberg ging besaß die Familie von Vellberg ein Drittel des Lehens; ein Drittel gehörte der Familie von Weiler und das letzte Drittel war im Besitz des Zeisolf von Adelsheim und seiner Erbin Magdalene.
Durch die Weigerung Zeisolfs, württembergischer Vasall zu werden, verblieb sein Drittel auch nach 1504 weiterhin pfälzisches Lehen. Erst 1527 ging es an seine Erbin und somit an die Familie von Gemmingen.

1581 heiratete Bernolph von Gemmingen die Erbin eines weiteren Drittels der Burg Maienfels – Anna von Grunbach, die den vellbergischen Anteil einbrachte.
Die Herren der Burg Maienfels waren nun die Familien von Weiler (1/3) und von Gemmingen (2/3).
Das letzte Drittel verblieb bis zum Ende des 18. Jahrhunderts bei der Familie von Weiler, die nach einer Realteilung als Eigentümer ausschied.

Charlotte-Auguste, Tochter des Casimir von Gemmingen-Bürg, wurde die Ehefrau von Carl August Freiherr von Gemmingen-Maienfels. Mit seinem Tod endete 1799 die Maienfelser Linie der Familie von Gemmingen.

Über mehrere Erbgänge hinweg kam die Burg Maienfels dann in den Besitz der Familie von Gemmingen-Hornberg.

Ahnentafel

Weiprecht von Gemmingen-Hornberg
(1608 – 1680)
Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Großvater
des jetzigen Eigentümers

Foto © Emi von Gemmingen
Bildnis Ahnherr

Casimir von Gemmingen-Bürg
(1697 – 1769)

Foto © Ines Liebsch

Als Besitz reichsunmittelbarer Adliger gehörte Maienfels dem fränkischen Ritterkanton Odenwald an – von der  Konstituierung der freien Reichsritterschaft bis zum Ende des Alten Reiches 1803.
Danach erfolgte die Eingliederung in das Königreich Württemberg.

Mehr als 100 Jahre lang war die Burg nicht bzw. nicht ständig bewohnt.
Erst um 1930 begannen Dr. Hans Dieter Freiherr von Gemmingen-Hornberg und seine Frau Martha damit, die Burg Maienfels als ständigen Wohnsitz wieder herzurichten.

Die heutige Eigentümer sind Emi Freifrau von Gemmingen-Hornberg und Udo Freiherr von Gemmingen-Hornberg.

historisches Dokument

Deckblatt einer königlichen Urkunde (Archiv Burg Maienfels)

Foto © Ines Liebsch

Hohe Gerichtsbarkeit

Ein kaiserlliches Lehen von 1541 gestand den Ganerben von Maienfels die Hohe Gerichtsbarkeit zu – den sogenannten Blutbann*.
Die Befugnis dazu wurde per Amtshilfe durch einen gemeinschaftlich bestellten Schultheißen, Amtmann beziehungsweise Vogt wahrgennommen und die Urteile in Tübingen gegengeprüft. 

*Blutbann
Auch als Blutgericht, Hohe oder Peinliche (latein. von poena = Strafe) Gerichtsbarkeit bezeichnet, war im Heiligen Römischen Reich die herrschaftliche Befugnis für schwere Straftaten wie Raub, Mord, Vergewaltigung etc. nach geltendem Recht die Todesstrafe zu verhängen und (Landesrecht bzw. ab 1532 die Constitutio Criminalis Carolina nach Kaiser Karl V.) entsprechende Urteile zu fällen. Je nach Schwere der Schuld waren das Körperstrafen bzw. Hinrichtungen.

Eine Schwörhand – gefunden im Amtshaus

Foto © Ines Liebsch

Quellen: https://www.leo-bw.de/web/guest/detail//ortslexikon/2273/Maienfels

Gruseliges und Geheimgänge

(das Gespenst
bewegt sich
bei Berührung)

(das Gespenst bewegt sich bei Berührung)

Der Schlorfer von Maienfels
Natürlich hat die Burg Maienfels auch ein Gespenst zu bieten – den Schlorfer von Maienfels.
Der Sage nach handelt es sich um einen Kapuziner-Mönch, der nachts durch die Gänge und Gassen schlurfte.
Man sah ihn nicht, jedoch  konnte man ihn hören.
Auf seinen nächtlichen Wanderungen soll er jedes Jahr ein Paar Sandalen verbraucht haben.
Es hieß, dass der Schlorfer niemandem etwas Böses tut, solange man ihm nur sein verschlissenes Schuhwerk ersetzen würde.

Einer anderen Erwählweise nach liebte es der Mönch, statt seiner üblichen Sandalen nachts heimlich in fremden Schuhen herumzulaufen.
Da ihm diese jedoch nicht passten, konnte er damit nur schlurfen. Ein Schlurfen, dass man in der Stille der Nacht weithin vernehmen konnte. 

Eine steile Steige, die rechts an der Burg vorbei abwärts führt, heißt bis heute noch Kapuzinergässle. 

Später soll ein findiger Wirt die Furcht vor dem Schlorfer zu seinem Vorteil ausgenutzt haben. In der Zeit, als die Burg unbewohnt war, hatte er sein Weinlager in den Kellerräumen und wollte mit den Gespenstergeschichten ungebetene Besucher davon fernhalten. 

altes Gitter
alte Tür

Foto (2) © Ines Liebsch

Der Geheimgang ins Tal
Eine andere Geschichte, die sich hartnäckig hält, handelt von einem geheimen Tunnel, der abwärts ins Brettachtal führen soll. Über diesen sollten die Herren der Burg bei einem Angriff flüchten können.
Es gibt immer wieder Erzählungen darüber, dass jemand den Tunnel gefunden und einen Teil davon auch erkundet haben will.
Dabei dürfte es sich um die fälschliche Deutung von Gewölberesten wie z.B. die des Weilerschen Palas oder möglichweise um aufgelassene Erdkeller handeln.

Da die Burg auf einem massives Felsvorsprung steht, war der Bau eines derartigen Tunnels mit damaligen Mitteln und technischen Möglichkeiten einfach nicht zu realisieren.

Der Geheimgang ist leider auch ein Mythos.